15.10.09

hüter der asche

komische idee, die ich auf einmal hatte. passt so gar nicht zu mir. aber ist es wert, einmal weiterzudenken. ein anderes gedankenkonstrukt, ganz weit weg von dem, was ich gewöhnt bin.
ich schreib ja ganz gern über alte dinge. ich mag die alten dinge. dinge, die im begriff sind, sich aufzulösen.

moment, es gibt doch etwas, das die beiden gedankenkonstrukte verbindet. geistesblitz!

also weiter im text. ich hab auf einmal gedacht, wie schön es wäre, irgendwo zu leben, wo es nichts, aber schon gar nix, altes gibt. ein neuer kontinent, mit städten, die neu erbaut werden. man sieht dann nicht die vergangene identität eines volkes, sondern die jetzige, die aktuelle. es muss schön sein, sich so extrem zu spüren. seine eigene identität zu spüren, in den städten, der architektur, in der kunst.
wir hier hüten die asche unserer vorväter, die ganze zeit haben wir nur das gemacht: erhalten. wie in einem gigantischen museum...oder friedhof. daraus scheint zu resultieren, dass wir selbst so gut wie keine identität mehr haben. wir identifizieren uns mit dem, was diejenigen, die vor uns gelebt haben, gemacht haben, doch das sind nicht wir.

so schliesst sich der gedankenkreis wieder. die dinge, die im begriff sind, sich aufzulösen, machen platz für neue dinge. ein natürlicher prozess. das dauernde erhalten und konservieren kann nicht wirklich gesund sein. wir lassen die dinge nicht sterben, nichts darf sich verabschieden, einfach gehen.

wir quetschen unsere kunstwerke, und neue architektur verschämt in die zwischenräume, in die lücken, die es vereinzelt gibt, hinein. und wehe, es passt nicht zum alten bild. wir müssten uns also dem alten design völlig unterwerfen, damit wir nicht als barbaren gelten. krank, oder?

manchmal wünsche ich mir, in einem land wie neuseeland zu leben. wo ganz viel platz ist für neue ideen, für uns selbst. wahrscheinlich fühlt man sich dort freier, kann besser durchatmen. kann es sein, dass unsere alte kultur uns langsam erstickt und dass wir es nicht merken wollen - um nicht als barbaren zu gelten? denn mögen müssen wir alles. wir kulturmenschen :)
jeder, der nach europa kommt, beneidet uns um unsere uralte kultur. die keinen platz für neue kultur lässt.

ein seltsamer gedanke. es fühlt sich komisch an, so zu denken. fast, als wäre man ein wildes tier, das draussen rastlos herumirrt und an alte monumente pinkelt, wenn gerade keiner hinschaut.

dinge, die verschwinden. die fröhlichen dinge. leicht anarchisch vor sich hingammelnd und freiräume schaffend, für menschen, die nicht dabei sind, ihre identität mühsam wieder auszugraben, sondern für die, die einfach sie selbst sein können. weil es nichts anderes gibt ausser ihnen und ihrer kreativität.


und wenn das kein gegensatz zu meinem vorigen posting war. back to the roots...zurück zu den alten dingen...hm, es gibt sicher noch vieles, worüber ich mir klarheit verschaffen muss. wie vereint man beides? gibt es sowas überhaupt? gibt es für uns überhaupt nur archaische verhaltensmuster? ist das unsere wahre identität?
wenn ja, ok, auch gut. nur haben wir nicht mal die chance, das zu entdecken. ist ja schon alles da. was müssen wir schon gross tun, ausser erhalten...

5.10.09

müde seelen

ist es nicht seltsam, wie zerrissen hier alle menschen scheinen? wie unzufrieden, wie unharmonisch? mit sich selbst und der natur nicht in einklang. innen drin wie ne offenen wunde, die sich niemals schliesst.
ich möchte zurück zur natur, aber ich weiss nicht wie.
ich möchte einfach nur leben, aber ich weiss nicht wie.

man sagt nicht zu unrecht, europa wäre der ort der müden seelen. vielleicht zu alt, schon alles da gewesen, jetzt nur noch ein ort für wiederkäuer. alles war schon mal, alles ist langweilig geworden, es gibt nichts neues. wir brauchen keine fantasie mehr. wir haben so viel geld, dass wir uns alles neu kaufen können, nichts wird mehr repariert, nichts wird mehr geschätzt für das, was es ist. nichts hat mehr wert. es ist ein trauriger ort.

hat uns der tanz ums goldene kalb dermassen zerstört, dass wir nur noch das grelle leuchten sehen und nicht mehr die sanften farben, die zwischentöne, das verwaschene, das fantasievolle?

ein fluchtweg in die kunst. zurück zu den alten dingen, den büchern, den gegenständen, die man für das, was sie sind, schätzen kann. back to the roots, könnte man sagen.
mal wieder die wurzeln ausgraben gehen.

4.10.09

red umbrella




alice mit dem roten schirm im schneegestöber
sie sagt sie wäre zuhause in diesem augenblick
unbeschwert traurig sein dürfen
und nicht mal den grund dafür zu kennen
stundenlang durch den schnee laufen
ohne ein ziel zu wissen
vielleicht gibt es kein ziel


alice schreit manchmal ohne grund die wände an
schlägt mit den fäusten in den spiegel, bis sie bluten
im nächsten moment lacht sie wieder
und sagt nichts wäre so schlimm
sondern noch viel schlimmer
doch sie sagt es so, als wäre es ein witz
über den nur insider lachen können


vögel, die landen, hören auf vom himmel zu träumen
und singen nicht mehr im schlaf
sie ist sich sicher, sie wird niemals landen
alles was sie macht, ist wie ein spiel
sonst wäre es nicht mehr zu ertragen
sie spielt sich selbst und sieht sich belustigt zu

alice wandert ziellos durch die strassen
während links und rechts die kartenhäuser zusammenbrechen