7.7.13

spätnachts

es ist so eigenartig, wenn man spätnachts aus dem fenster sieht, weil das geräusch des gartentores in der stille so laut ist und wenn man dann jemanden völlig fremden das haus betreten sieht, jemanden, den man noch nie im leben gesehen hat und der auf irgendeine eigenartige weise abstrakt wirkt. ein fremdkörper, unbekannte materie. es könnte ein fremder stern aus dem all das haus betreten und man würde es akzeptieren. in dieser gigantischen stille könnten entsetzliche dinge passieren.- doch es war nur eine frau, die ich noch nie gesehen hatte, eine neue nachbarin, und ich war müde

2.7.13

friedhofstraum

ich betrachtete gerade photographien von la recoleta, dem gigantischen friedhof in buenos aires
und musste plötzlich an den alptraum denken, den ich vor jahren hatte

ein schneeweisser friedhof, mit strassen zwischen den reihen von gruften. die gruften waren ebenfalls weiss wie schnee und blendeten in der sonne. es war seltsam, an einen friedhof bei sonne zu denken, denn damals war ich nur bei nacht auf den friedhöfen unterwegs.
die gruften waren wunderschön und sahen fremd aus, es war in einer stadt, die weit weg von hier war, oder in einer imaginären stadt, was logisch war, denn ich befand mich ja in einem alptraum

ein summen und surren von insekten weckte meine aufmerksamkeit. ich bewegte mich auf das geräusch zu, und mir fiel auf, dass ich mich nicht normal auf den beinen bewegte, sondern flog
ich schwebte über einer der strassen, die sich kerzengerade zwischen den gruftreihen hindurchzog und folgte dem schwirren und flattern, dem lärm von zahllosen insekten und da sah ich es

die ersten spuren von blut auf dem schneeweissen boden
das blut sah wie ein schrei aus auf dem sauberen weiss
ich flog näher (es tut gut, das zu schreiben - ich flog näher) und folgte den blutspritzern
auf der strasse. zuerst waren es nur blutspritzer und dann begann die blutspur, eine breite schlierige spur, noch nicht getrocketes blut. es war anscheinend ganz frisch, denn bei diesen temperaturen dürfte blut sehr schnell trocknen. ich fühlte keine hitze, obwohl ich mich in der prallen sonne befand und ich hatte den eindruck, als wäre es nicht nur der (alp)traum selbst, der mich vor den grellen strahlen der sonne schützte, sondern auch ein unfassbar kaltes glitzerndes licht, ein gleissen aus blau und silber, wie die wunderbare aura der heiligen madonna, kalt und lieblich und rein

ich sah nach unten
ein bündel lag auf der strasse, von dem eine strasse von insekten wegführte. ameisen, käfer und anderes getier bewegte sich auf dieser strasse, hin zum kadaver, um sich nahrung zu holen.
fliegen schwirrten um den kadaver, fast verrückt vom geruch des blutes und der hitze
und ich wartete und beobachtete
und es gab etwas, das ich niederringen musste,
das monströse in mir
und ich tat es,
so wie ich es immer tue


nachtrag: der friedhof sah ganz genau wie la recoleta aus
ich denke, er war es.

1.7.13

ich vermisse new orleans. das gespensterlicht. jeder riss im asphalt, jede schicht farbe auf den fassaden der häuser, jedes auch noch so winzigkleine fundstück hat für mich schon fast religiöse bedeutung.
ich vermisse die stimme der stadt, eine wichtige stimme auf dieser welt. eine ruhige, tiefe stimme, einschmeichelnd, ein schlaflied für meine seele, ein trost für mich.

und einschlafen möchte ich in den armen dieser stadt, mich zur ruhe betten unter den alten bäumen, zwischen den wurzeln,
die seele tanzend im weichen süssen licht, das wir gespenster so lieben
ich bin müde, du schöne, wunderschöne stadt
ich will schlafen
und träumen
von dir