3.4.10

farbenspiel

verwaschenes grau verschluckt alles, was vorhin noch störend war
der seele anlastete wie ein schweres gewicht
ein hässliches modernes bauwerk hier
ein abgestorbener baum dort
es lässt menschen wie geister durch die strassen huschen
die hauseingänge gähnen, ein kühler hauch weht von den kellern herauf
nur in einem kellerabteil brennt noch licht
ein armer student, der über seinen büchern sitzt
der aufschaut, wenn ich vorbeigehe und von mir nur die beine sieht
und den unteren teil meines roten zwergencapes
dessen rot sich langsam mit grau vermischt
auf der wassergrauen leinwand zerfliessen die farben
sie kehren in den malkasten zurück
damit jemand mit ihnen spielen kann

auf der strasse schillert öl in einer wasserlache
in allen farben des regenbogens
die farben sind schockierend bunt
in weiter ferne blinkt ein wald von neonschildern
ein wilder dschungel aus farben und licht
bunter sprühregen glitzert kurz wie giftiger nebel über den dächern

ich streife zartvioletten raureif von meinem grauen cape
und werfe einen brief an einen freund in den postkasten
er wird sich wundern, mein freund
denn über den umschlag ziehen sich filigrane muster
wie das blattwerk eines farnes
und anstatt einer marke glänzt ein silberner stern