9.1.12

ein brief..

"ich erinnere mich an den sommerregen und das leise grummeln eines herannahenden gewitters, und wie ein windstoss die fenster aufdrückt, die ersten tropfen hereinfallen. man fröstelt, doch es ist wunderschön, nicht wahr? diese tage sind die wertvollsten und auch die seltsamsten. ich habe sie immer mit dir in verbindung gebracht. kein sommerregen ohne einen gedanken an dich. das flüsternde grau, der wolkige himmel, eine kerze flackert neben der tastatur. :-) ich sitze da und schreibe, höre dem regen zu, manche deiner worte nehmen gestalt an in diesen seltsamen tagen, wo der regen stundenlang fällt und blatt um blatt mit worten angefüllt werden, die dann erst einen sinn ergeben, wenn sie dem richtigen menschen erzählt werden. und wieder ist hier ein gefühl, das, wie du sicher noch weißt, nicht erklärbar ist. kein ringen um worte, sondern ein wortloser monolog oder gesang, den kaum einer vernehmen kann, nur diejenigen, die in der stunde des sterbenden lichtes ihre heimat gefunden haben. ist es noch die heimat? Ich weiss mit einem mal, dass es so sein muss. ich möchte dir nicht viel über meine gesundheit schreiben, es langweilt dich und auch mich, aber eins muss ich unbedingt erwähnen: der reissende schmerz der letzten jahre ist verschwunden, als ich von den regentagen erzählte, vom grummelnden gewitter, der flackernden kerze, dem sterbenden licht.

gibt es wesen, die so kompliziert und anders sind als alle anderen, dass man sie mit kaum jemandem vergleichen kann? gibt es wesen, die nur im grauton des zwielichtes lebensfähig sind?"