16.6.18

nachtflug


warme frühlingsluft, lachen, ein gläschen wein in nem gastgarten und weiterziehn und keine verdammte ahnung, wo man jetzt ist. in der gegend, wo die vielen friedhöfe sind, gibt’s viele gastgärten und es ist schön, da zu sitzen und die vielen lichter zu sehn, ich und meine verlorenen poeten, die mir erklären, warum sie verloren sind, poeten sowieso, und ich hab immer zugehört und in meinen wein gelächelt und an die friedhöfe gedacht und zum himmel gesehn und wieder an ein verdammtes wunder gewartet und du flüstertest, daß du gern tot wärst und da waren nur der himmel und die laue luft und die vielen friedhöfe rundherum
und ich lächelte in meinen wein und sagte unhörbar, daß ich tot bin, so wirklich, ehrlich tot, denn ich hab den todesengel getroffen als kind und jetzt bin ich tot und es kümmert keinen schwanz und ich hab mir abgewöhnt, über mich zu reden, denn es ist besser, zu schweigen und nur zuzuhören manchmal. so höre ich nun zu und drücke manchmal mitfühlend ihre hand, umarme sie oft und küsse ihre wangen, streichle ihnen übers haar und das ist mehr, als sie erwartet haben
und so wird es wohl ewig weitergehen, in berlin, prag und wien
ich wünsch mir ein wunder für sie, sie hätten es nötig,
nur ein wunder kann hier helfen

und trotzdem liebe ich sie sehr, ich kritzle ihre namen in mein notizbuch und ich werd sie immer wieder treffen und ihnen beim älterwerden zusehen, während ich ein kind bleibe
und ich bin dankbar, daß sie da sind, echte menschen zum angreifen und daß sie mit mir hier ihre zeit verbringen, es wäre leer ohne sie und zu kalt